Anlässlich der Reichs-Progromnacht gestaltete der evangelische Kirchenkreis Wesel einen Synodalen Jugendgottesdienst in der evangelischen Dorfkirche zu Brünen am 8.11.2015. Unter dem Titel „Gegen das Vergessen“ fanden sich viele Jugendliche aus dem Kirchenkreis ein, um durch ihr Gestalten und Mitwirken daran zu erinnern, was vor 77 Jahren, am 9.11.1938 in Deutschland geschah. Es begann mit einer unglaublichen Verfolgung jüdischer Mitbürger und endete mit der Vernichtung von Millionen Menschen jüdischen Glaubens in ganz Europa. Im Verlaufe des Gottesdienstes versuchten die Akteure, den vielen erfreulich jungen Besuchern die Ängste und Nöte der Verfolgten zu vermitteln, unter denen sie zu leiden hatten. In beeindruckenden Gesängen und Gedichten schilderten Jugendliche und Ehrenamtliche Ereignisse aus Auschwitz und Buchenwald und berichteten von Ihrem Besuch im Anne Frank Haus und aus Hadamar. Den Höhepunkt bildete eine Predigt bestehend aus den Themen: Anspiel, Meditation, Tanz zu El male rachamim (Gebet zum Gedenken an die Verstorbenen in der Shoa), Anspiel Das „Vater unser“ und der Segen gesprochen von den Jugendlichen beendeten diese Veranstaltung, welche durch angemessene Innenbeleuchtung der Kirche und durch den Klang von Streichinstrumenten bei den Besuchern ein eher beklemmendes Gefühl passend zu dem Thema aufkommen ließ. Die vielen Besucher verließen die Kirche und verabschiedeten sich mit offnungslichtern, welche vor dem Gebäude angezündet wurden. Alles in allem eine gelungene Veranstaltung, welche nicht nur gegen das Vergessen gerichtet war sondern auch den jungen Generationen die Weisung mit auf den Weg gab, das wir alle eine Verantwortung dafür haben, dass sich derartiges n i e wiederholen darf.
Gerhard Teborg, Brünen
Rückblick
Ich zähle das Jahr 1994.
Ich – Jahrgang 1938 – bin seit 1959 im Rohstoffhandel tätig.
Rohstoffe aufzukaufen und unserer Metall- und Stahlindustrie zuzuführen, ist seither meine Aufgabe, denn wir leben in einem rohstoffarmen Land und um unsere Industrien global konkurrenzfähig zu halten, benötigen wir jede Tonne auch Sekundärrohstoff d.h. Schrott.
So plane ich wieder einmal eine Reise in ein Nachbarland, in welchem mein Repräsentant mehrere Besuche terminiert hatte. Der Flug war pünktlich, der Repräsentant holte mich am Flughafen ab und brachte mich zum Hotel. Beim Abendessen legte er mir die Reiseroute für die nächsten 2 Tage vor. Ein strammes Programm so dachte ich. Am nächsten Morgen ging es als erstes zu einem Partner, welcher über größere Mengen verfügen sollte, um diese zu Besichtigen und zu verhandeln. Mit der sprichwörtlichen Gastfreundschaft in diesem Land wurde ich auch empfangen.
Man führte mich zu einem größeren Lagerplatz und ich konnte die Mengen betrachten. Hier lagerten große Haufen grau oxidiertes Aluminium und dort in der Sonne silbrig glänzender Edelstahl. In einigen Behältern sah ich auch Reste von rotem Kupfer und gelb glänzendem Messing. Ich staunte nicht schlecht und freute mich auf die Verhandlungen.
Doch bevor ich das Lager wieder verließ, schaute ich mich noch einmal herum. Die Lagerstätte befand sich in einem Güterbahnhof. Es musste ein Kopfbahnhof gewesen sein, denn es führten nur Gleise hinein aber nicht hindurch. Das hieß also Endstation. Ich versuchte die Gleise zu zählen. Es waren so sechs oder acht Einige waren schon zugewachsen. Mein Geschäftsfreund konnte sehr wohl Waggons beladen aber beladene Waggons mussten hier entladen werden. Also Endstation! Und wie ich das alles so registrierte, lief vor meinem geistigen Auge plötzlich ein Film ab, den ich bereits als junger Mann einmal gesehen hatte. Da wurde einer Frau ein Kleinkind aus dem Arm gerissen, die Frau wurde nach rechts gewiesen und das Kleinkind ca. 3 oder 4 Jahre alt nach links. Das Kind versuchte noch verzweifelt zu seiner Mutter zu gelangen, wurde jedoch von einem Mann brutal daran gehindert. Dieses Bild wird mich bis zu meinem Lebensende nicht loslassen. Meine Partner wunderten sich für einen Moment über mein Innehalten und mein Nachdenken verhielten sich aber still und stellten dankbarer weise keine Fragen, denn wir befanden uns – und das wurde mir plötzlich klar – im Güterbahnhof von Auschwitz.