Die Tradition besteht seit 1948. Wer einmal zu Gast war, hängt ein Bändchen an einen Stab. Das gilt als lebenslange Einladung.
„Einen Schnaps zur Begrüßung vielleicht?“ Zweifelnde Blicke. „Bei dem Wetter vielleicht doch eher ein Wasser“, antwortet der Gast. Eine gute Wahl, schließlich sollte der „Dorper Ball“ ja nicht schon nach 20 Minuten beendet sein. Bei Temperaturen von weit über 30 Grad ist (zumindest anfängliche) Zurückhaltung nötig, um den Feiermarathon schadlos zu überstehen, der mit einem Kaffeetrinken beginnt — und tief in der Nacht mit einer Party endet.
Tradition seit 1948
Seit 1948 feiern die Brüner das Fest, immer mit dem Ziel, dass Alteingesessene und solche, die es werden wollen, sich besser kennenlernen. Damit auch jeder weiß, wer zu den „Neuen“ gehört, tragen die ein Myrten-Sträußchen. In diesem Jahr verteilte das Organisations-Team rund um Diethelm Eichelberg insgesamt rund 50 dieser Erkennungszeichen. Eine Resonanz, mit der er gut leben kann: „Das zeigt doch schon, dass wir nicht am Bedarf vorbeiplanen.“ Insgesamt zehn Pärchen sind an der Arbeit hinter den Kulissen beteiligt, die schon Monate im Voraus beginnt. Schließlich müssen Gäste eingeladen, das Programm erstellt und schließlich die Reithalle dekoriert werden: „Wir laden noch persönlich ein und klingeln bei allen, die schon mal hier waren“, erzählt Eichelberg. Auch das gehört zum Procedere des Balls: Wer einmal zu Gast war, hängt ein Bändchen an einen Stab – und bekommt damit das Recht auf lebenslange Einladungen zum Ball. Hier gilt: Einmal Brüner, immer Brüner: „Es gibt viele Leute, die wegen des Jobs zum Beispiel wegziehen müssen – und die kommen dann gerne noch mal wieder zu so einem Anlass“, so Eichelberg.
In diesem Jahr haben rund 400 Menschen den Weg in die Reithalle gefunden. Eine Woche vor dem Fest beginnen die Helfer mit dem Aufräumen der Halle, kurz vor der Eröffnung werden dann die Blumen auf den Tischen verteilt: „Wir haben doch hier eine Dekoration gezaubert, die einmalig ist, oder?“, fragt Eichelberg bei der Eröffnung stolz. Die Gäste klatschen zustimmend. Überhaupt wird viel geklatscht an diesem Samstag, vor allem beim ersten Höhepunkt: Unter der Führung des Gästebitters ziehen die Neu-Brüner in die Reithalle ein und werden damit offiziell ins Dorf aufgenommen. Dazu gehört auch, dass sie Bänder mit ihren Namen an die Stäbe hängen. Bevor es dann gemütlich wird, helfen sie beim Kaffee-Ausschank, auch das hat Tradition.
Wirklich Zugezogene gebe es aber gar nicht so viele, stellt Eichelberg fest. Die meisten Neu-Brüner gehören einfach zur nächsten Generation der Ansässigen, meist ziehen Ehefrauen oder ‑männer ins Dorf. So ist es etwa bei Matthias Kampen (33), der schon immer in Brünen lebt: „Die Frage, ob man hier teilnimmt, hat sich eigentlich nie gestellt“, sagt er. Für ein längeres Gespräch hat er keine Zeit, schließlich muss auch er mit der Kaffeekanne um die Tische ziehen.
Im Dezember hergezogen
Sieglinde Pohl (75) und ihr Mann gehören zu den wenigen, die komplett neu im Dorf sind. Im Dezember sind sie aus Dinslaken hergezogen, Eingewöhnungsschwierigkeiten hatte das Ehepaar nicht: „Wir finden es beide wirklich schön hier. Doch, wir fühlen uns sehr wohl.“ Die Teilnahme am Ball stand ebenfalls nie zur Debatte: „Als wir gehört haben, dass es hier sowas gibt, war sofort klar: Da machen wir mit“, erzählt sie.
Dass das auch in Zukunft so bleibt, hoffen alle Beteiligten: „Wir wollen die Tradition auf jeden Fall aufrechterhalten“, verspricht Eichelberg. Die Brüner werden das genauso sehen — eine gute Feier ist schließlich auch eine gute Tradition.
© Sebastian Brinks Foto und Bericht NRZ/Der Westen