Beim Kongress für Stadtentwicklungspolitik waren Bürgerbeteiligung und Digitalisierung auf dem Land Thema. Brünen diente als Beispiel.
Hamminkelner Erfahrungen waren gestern in Hamburg gefragt. Denn Brünen hat gezeigt, wie die Digitalisierung und die Organisation von Bürgerwerkstätten auf dem Dorf Einzug halten können und wie Bürgerschaft und Verwaltung bei Zukunftsprojekten an einem Strang ziehen sollten. Bürgermeister Bernd Romanski und Maic Hübert, der für den Verein Bürger für Brünen (BfB) die Projektgruppe Wohnen für Jung und Alt leitet, stellten beim 11. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik in der Hansestadt die Aktivitäten des Dorfes dar. “Bürger vernetzen Nachbarschaften” hieß das Motto, und genau das haben die Brüner eindrucksvoll erreicht. Die Quartiersakademie NRW, die die Zusammenarbeit in Bürgerwerkstätten förderte, hatte das Musterprojekt im Land Nordrhein-Westfalen zum Kongress gebracht.
“Das Interesse war groß. Überall ist die digitale Vernetzung Thema. Wir haben viele Erfahrungen zu bieten, wie man den Weg gehen kann”, sagte Maic Hübert. Präsentiert wurde der Brüner Werdegang — von der interessierter Gruppe unerfahrener Bürger hin zu funktionierenden Bürgerwerkstätten, die mit entsprechender Unterstützung im Dorf sehr gute Ergebnisse brachte. Bürger für Brünen ist aus einer Bürgerversammlung mit etwa 200 Teilnehmern im August 2015 entstanden. Aktuell hat der Verein etwa 75 aktive Mitglieder. Erst wurde gesammelt, was die Bürger bewegt, dann wurden Schwerpunkte priorisiert und schließlich sieben Projektgruppen gebildet. Dann gelang die Aufnahme ins Modellprojekt Quartiersmanagement. Projekt-Organisation, Schulungen zur Öffentlichkeitsarbeit erhalten und die Vernetzung mit anderen Bürgerwerkstätten wurden so möglich.
Die Akzeptanz im Dorf mit den 40 Vereinen wuchs schnell, das bürgerliche Engagement wurde intensiv von der Stadt begleitet und bewusst politisch unabhängig gehalten. Ein praktisches Ergebnis für die digitale Arbeit ist bekannt: Die Online-Abfrage von BfB zur Wohnbebauung Pollmannsweg verbreitete sich schnell im Dorf, 30 Interessenten bekundeten in Rekordzeit ernsthaftes Interesse. Der Druck auf die Politik war da und mit 25 Einheiten ist nun ein Baugebiet nur für Brüner beschlossen, wo vorher kein Siedlungsschwerpunkt gesehen wurde. Stark vorangekommen ist auch das Projekt Breitbandanschluss. Jetzt geht es an den Bürgerworkshop 60plus fürs Wohnen im Alter, der Bürgerbusanschluss Brünen ist Thema. Die Kommunikations- und Organisationsstrukturen dafür sind bei BfB vorhanden.
“Die Botschaft ist, dass die Verzahnung von Vorhaben des Landes mit dem Quartiersmanagement vor Ort direkt funktionieren. Da müssen nicht zig Behörden beteiligt sein”, sagt Romanski. Er sieht seinen Kurs insgesamt bestätigt. Nach dem Umgang mit dem Flüchtlingszustrom machte Hamminkeln nun zum zweiten Mal überregional auf sich aufmerksam. Die Stadt ist auch eingeladen nach Soest zu einer Tagung, bei der es um Wirtschaftswegekonzepte geht. In Essen bei einer Großtagung zur Quartiersentwicklung ist Hamminkeln am 12. und 13. Oktober dabei. “Wir arbeiten als Kommune oft anders als andere. Vieles was wir tun, kann also nicht falsch sein, wenn andere davon lernen wollen”, resümierte Bürgermeister Bernd Romanski.
Bericht: Thomas Hesse, RP